Original Wiener Schnitzel?
Ich lese in der Zeitung von einem neu eröffneten Restaurant in der Wiener Innenstadt. Das möchte ich kennen lernen. Ich rufe ein paar Freunde an und schließlich gehen wir zu viert dorthin, neugierig, hungrig und mit viel positiver Erwartung.
Lest einmal. Was mir da so passiert ist.
Das Übliche: Wir werden begrüßt, an unseren Tisch geführt. Man gibt uns die Speisekarte. Es dauert geschätzte 20 Minuten (gefühlte 45 Minuten), bis der Kellner wiederkommt um uns nach unseren Getränkewünschen zu fragen.
Wir wollen einen schönen Abend verbringen, daher schieben wir unseren aufkommenden Ärger zur Seite. Ich will meine Gelassenheit nicht verlieren. Egal was noch passiert.
Gelassenheit im Restaurant!
Wieder dauert es 30 Minuten bis die Getränke kommen. Und wieder 45 Minuten bis das Essen gebracht wird. Da hat das Lokal bei mir bereits die ersten Minuspunkte. Schauen wir, wie die Qualität der Speisen ist
Das Essen wird serviert. Zwiebelrostbraten, Tafelspitz, Backhuhn und mein Original Wiener Schnitzel (laut Menükarte)
Original Wiener Schnitzel? Nein. Das entspricht ganz und gar nicht meinen Vorstellungen von einem Original Wiener Schnitzel. Ein feuchtes, paniertes Stück Fleisch lag vor mir auf meinem Teller.
Ich koste. Auch noch Schweinefleisch. Es schmeckt mir einfach nicht. Ich bin enttäuscht. In der Speisekarte wird mir ein Original Wiener Schnitzel angeboten. Vor mir habe ich aber ein unansehnliches Etwas.
Ich lächle meine Freunde an, sie lächeln zurück.
Gelassenheit in der Enttäuschung
Ich winke den Kellner freundlich zu mir. Ich teile ihm höflich mit, dass das „Wiener Schnitzel“ nicht meinen Erwartungen entspricht und dass ich das nicht essen will. Ich stoße bei ihm auf völliges Unverständnis. Er meint, in unfreundlichem und überheblichem Ton, dass dies ein Original Wiener Schnitzel sei, dass man bei Ihnen immer so ein Wiener Schnitzel bekommt. Ich kann es nicht fassen. Mit meiner Gelassenheit sitze ich da und blicke ihn einfach nur fragend an.
Freundschaftshilfe
Judith neben mir verfolgt mein Schnitzeldebakel und schreitet ein. Sie sagt, dass sie eine sechsjährige Ausbildung in einer Hotelfachschule hinter sich habe und sie die Meinung des Kellners auf keinen Fall teilen kann. Ein Original Wiener Schnitzel wird aus Kalbfleisch zubereitet und zeichnet sich durch eine trockene knusprige Panier aus. Das ist hier ein Schweinsschnitzel.
Dies seien zwei völlig verschiedene Dinge. Der Kellner widerspricht ihr. Er bleibt felsenfest davon überzeugt, dass dies hier vor mir ein klassisches Wiener Schnitzel sei. Judith lässt nicht locker. Die zwei fangen an zu streiten. Es wird immer lauter gesprochen, diskutiert, Wiener Schnitzel hin. Schweinsschnitzel her.
Es nervt. Die Stimmung sinkt auf einen Tiefpunkt. Aggression liegt in der Luft. Judith und der Kellner steigern sich immer mehr in die Sache hinein. Sie streiten über verschiedene Zubereitungsarten von Fleischspeisen und verlieren dabei völlig das eigentliche Problem aus den Augen.
Was will ich?
Ich will dieses Essen nicht.
Ich will dieses Essen zurückschicken und nicht dafür bezahlen.
Ich will, wenn überhaupt noch, etwas anderes zu essen haben.
Ich bin nicht hier um mit dem Kellner zu diskutieren.
Ich sage dem Kellner klar und deutlich, dass ich nicht hier sei um mit ihm zu streiten. Ich betone, dass ich mir etwas anderes erwartet hätte und dass ich diese Speise nicht essen werde. Ich frage ihn höflich ob er mir eine Alternative anbieten kann.
Daraufhin wird es rundherum still.
Judith blickt zu mir herüber und der Kellner scheint sich erst wieder beruhigen zu müssen. Er sieht mich an. Sein Gesichtsausdruck verändert sich langsam wieder in ein freundliches Lächeln.
Er ist offensichtlich erleichtert. Er erkennt, dass er sich völlig unangebracht verhalten hatte. Mit meiner Gelassenheit, gezeigt durch meine freundliche und sachliche Anmerkung gebe ich ihm die Möglichkeit, die Sache wieder in Ordnung zu bringen.
Und Gott sei Dank, er nützt die Gelegenheit. Er empfiehlt mir statt seinem „Original Wiener Schnitzel“ doch lieber das Backhuhn zu nehmen. Ok, das passt soweit.
Wir widmen uns anderen Themen, lachen viel und genießen unsere gemeinsame Zeit.
Nach einer halben Stunde spricht mich Judith noch einmal auf den Vorfall an und meint, sie findet es toll, wie ich damit umgegangen bin. Sie selbst hätte sich wohl völlig in dem Streit verloren und das Wesentliche, nämlich das Finden einer Lösung, ganz aus den Augen verloren.
Sie bedankt sich sogar bei mir, denn sie hat erkannt, dass sie in solchen Situationen aufbrausend und stur wird. Etwas, an dem sie ab sofort versuchen wird zu arbeiten. Sie hätte es nämlich schon satt, immer wieder in Streitgespräche zu geraten. Es raube ihr viel Zeit und Energie und sie fühle sich danach immer schrecklich. Müde und ausgelaugt. Und sinnlos sei es obendrein.
„Wenn ich diese Gewohnheiten ändere, kann ich mein ganzes Leben ändern.“, sagt sie und lächelte mich an.
Und damit hat sie recht! Ich wünsche ihr viel Erfolg. Das wünsche ich jedem, der sich und sein Leben positiv verändern möchte.
Resümee:
Es kann immer etwas passieren. Egal wo, egal bei welcher Gelegenheit. Oft scheint es schwierig oder gar aussichtslos. Aber das ist es nie. Wichtig ist nur, wie man damit umgeht! Mit Gelassenheit und das Augenmerk auf das Wesentliche wirst du genau sagen, was du willst und was nicht. So findest du einen Weg, um aus so einer Situation noch das Beste heraus zu holen.
Habt Ihr auch ähnliche Erlebnisse? Schreibt mir bitte darüber.
Ich freue mich von euch zu lesen.
Ric